Tränen. Der Freude.
engl. and German
Schöne Freunde,
Es war ein gutes Jahr für uns. Andere würden sagen, dass ich immer das Positive sehe, aber ist das nicht die Schönheit, die im Auge des Betrachters liegt? Ich musste Schönheit in allem und jedem sehen lernen, gerade als Deutscher. Entweder ist man Wadenbeisser oder tritt als Radfahrer nach unten. In Afrika habe ich gelernt, das Schöne in uns zu sehen, denn da ist weniger ich, mehr wir.
Auf Augenhöhe sein, das ist das Thema des Sharehauses. Jeden Menschen anerkennen, das Schöne in jedem sehen, die Größe, das göttliche Potential. Klar gab es vieles, das nicht klappte in den ersten sieben Monaten Sharehaus in Berlin. Einiges, das trotz großem Anlauf scheiterte. Aber kann uns das definieren?
Ich bin Schriftsteller, aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Ich schreibe auch, gerne, leidenschaftlich, und manchmal scheitert ein Buch, ein ganzes Jahr Arbeit. Würde mich das definieren, wäre ich wirklich gescheitert. Aber das Leben ist immer größer als das Werk, das Unsichtbare oft wirkungsvoller als das Sichtbare.
Ich sehe als einen der größten Erfolge des Sharehauses, dass wir Zeit haben für Gespräche, Gebete, Zuhören. Ich sehe als einen der grössten Erfolge des Sharehauses, dass möglichst jeder, und jede, die zu uns kommt, wertgeschätzt wird und respektiert, dass es ein echtes Interesse aneinander gibt. Das niemand nach seinen Umständen bewertet wird. Das hat viele, auch mich, wachsen lassen dieses Jahr.
Identität. Unveränderter. Darin liegt alle Kraft für die radikale und tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung, in der wir uns gerade befinden. Darum müssen wir uns gegenseitig in unserer göttlichen Identität bestätigen, dass wir gut sind, kostbar, wertvoll, denn nur wer sich selbst schätzen kann und selbst lieben, kann die Welt verändern.
Wissen wir alle, dass man den größten Müll verkaufen kann, wenn man selbstsicher auftritt. Eine Tatsache, von der unsere auf Wachstum getrimmte Wirtschaft lebt. Und nicht minder selbstbewusst müssen wir sein, die wir für eine neue gesellschaftliche Ordnung eintreten, eine neue soziale Gerechtigkeit, die Anerkennung und Wertschätzung eines jeden. Die jungen Eliten von heute, die Macher und Träumer, werden nur erfolgreich sein, wenn sie an sich und ihr Grundrecht auf eine gerechtere Welt glauben. Eine viel viel bessere Welt! Manche halten das für eine Utopie. Nur was wären wir ohne Utopien, ohne Ideale?
Neulich bekam ich sehr gute Fragen über das Sharehaus gestellt, und fand klare Antworten auf das, was wir machen. Wir ermutigen Menschen wieder groß zu träumen. Mit großer Geste ihr Leben zu entwerfen. Unser schicker Minimalismus kann zur Armut werden, unsere falsche Bescheidenheit zur Depression.
Im Sharehaus versuchen wir jeden ernstzunehmen und groß träumen zu lassen. Als gäbe es kein einziges Hindernis. Ich denke, daß groß Träumen eine göttliche Gabe ist und dass jedem verschiedene von Anfang an geschenkt wurden, die gelebt werden müssen. Wie kleinlich aus der Gegenwart zu schliessen, wir müssten unser Herz bescheiden.
Wenn wir im Sharehaus anderen helfen wieder groß zu träumen, bieten wir auch an zusammen ganz praktische, kleine Schritte in die Richtung der große Träume zu gehen. Manchmal ist der dann der Weg das Ziel, die Träume waren der Antrieb, und der Weg führt zu ganz anderen, überraschenden Seiten des Lebens.
Zu diesem Weg gehört Scheitern und daraus lernen zu dürfen. Bescheiden zu sein. Dankbar für die großen und kleinen Dinge. Das ist kein Widerspruch zu den großen Träumen, die großen Träume bestimmen die Haltung, mit der wir uns auf den Weg machen.
Das Sharehaus ist ein Haus, aber das Haus besteht aus einer Familie. Das halte ich für einen der grössten Erfolge des Sharehauses, dass wir eine Familie geworden sind, die wächst. Ein wilde Familie oft, es gibt Uneinigkeit, Missverständnisse, und da ist ein Respekt und eine Wertschätzung, die wir gelernt haben, die alles zusammenhält und jeden Besuch sich willkommen fühlen lässt.
Und da ist auch as ist viel geteiltes Leid, wenn wir uns auf Augenhöhe unterhalten, uns zuhören und ermutigen. Eine der grössten Erfolge im Sharehaus ist für mich, dass wir wieder eine Tiefe im Leben entdecken und leben, in Gemeinschaft, mit Gott, mit uns selbst. Und mit unseren syrischen Freunden, die es hierher geschafft haben und dankbar sind für jedes Detail des Friedens in Deutschland, unsere Freunde, die oft verzweifeln, weil ihre Freunde, ihre Familien jeden Tag durch eine Rakete sterben könnten. Unsere syrischen Freunde wie die meisten Geflüchteten, lehren uns eine neue Tiefe im Leben. Ich wünschte wir würden die Grenzen für sie öffnen und von ihnen lernen, wir oft kleinherzigen, ängstlichen Deutschen, wir Verwalter eines großen Friedens. Ich wünschte wir würden unsere Frieden mit ihnen teilen und ihre Tiefe lernen. Daß unter all den Tränen, dass am Grunde dieses Brunnens all dieser Tränen die Freude ist. Schwer zu erklären. Aber wie feiern ja Weihnachten. In die Dunkelheit trat Licht, und ein göttlicher Friede ist unter uns, den keiner uns wegnehmen kann. Denn wir sind geliebt. Unendlich geliebt.
Geniesst diesen Liebe, Freunde,
aus Afrika, euer Sven
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Tears. Of joy.
Beautiful Friends,
It was a good year for us. Others would say that I always see the positive, but is it not that the beauty is in the eye of the beholder? I had to learn to see beauty in everything and everyone, being a German. Either one is a Wadenbeisser or kicks downwards like a cyclist. In Africa I have learned to see the beauty in us, because there is less I, more we.
To be at eye level, that is the theme of the Sharehaus. To recognize, see the beauty in everyone, the true size, the divine potential. Sure, there were many things that did not work in the first seven months of the Sharehaus in Berlin. Some things failed despite a great start. But does that define us?
I am a writer, but that’s not the whole truth. I also write, I am passionate about writing, and sometimes a book, a whole year’s work is wasted. I that would define me, I would have really failed. But life is always greater than work, the invisible often more effective than the visible.
I see as one of the greatest successes of the Sharehaus that we have time to talk, to pray, to listen. I see as one of the greatest successes of the Sharehaus is that everyone who comes to us is appreciated and respected and that there is a genuine interest in each other. No one is judged by his circumstances. That made us grow, including me.
Identity. Unchangable. In that lies all the power for the radical and profound social change in which we find ourselves in these days. Therefore, we must confirm each other in our divine identity that we are made for good, precious, valuable, because only those who can appreciate themselves and love themselves, can change the world.
We all know that you can sell the biggest nonsense when you are confident. A fact our have-to-grow-by-consumerism-economy is feeding off. And no less confident we must be, we who we are building we a new social order, a new social justice, a recognition and appreciation of one another. The young elites of today, the makers and dreamers, will only be successful if they believe in themselves and their fundamental right to a just and fair world. A much much better world! Some this is just an utopia. But what would we be without utopia, without ideals?
The other day I was asked very good questions about the Sharehaus, and found clear answers to what we do: We encourage people to dream big again. Our chic minimalism in contrary can make us poor, our false modesty leads to depression.
At the Sharehaus we try very seriously to dream big. As if there was not a single obstacle. I think that big dreams are a divine gift and that each of us were given different great dreams from the beginning, dreams that must be lived. How fearful to conclude from the world, that we must make our hearts small.
When we help others to dream big again at the Sharehaus, we also offer to take it step by step together in the direction of the great dreams. Sometimes the way is the goal, the dreams were the incentive and the path leads to completely different and surprising aspects of life.
To take it step by step also means to fail and that we may learn from it. To be modest. Grateful for the big and little things. This is no contradiction to the big dreams, because they determine the attitude with which we make our way.
The Sharehaus is a family. I think this is one of the greatest successes of the Sharehaus that we have become a family that grows. A wild family often, there is disagreement, misunderstanding, and there is a respect and appreciation that we have learned, that holds everything together and makes each visitor feel welcome.
And there is much shared suffering, when we talk at eye level, when we encourage and listen. One of the greatest successes of the Sharehaus for me is that we rediscover a depth in life by living in communion with God, with ourselves. And with our Syrian friends who have made it here and are thankful for every detail of the peace we have in Germany, our friends who despair often because their friends, their families could be killed any day by a random rocket.
Our Syrian friends, like most fugitives, teach us a new depth in life. I wish we would open the borders for them and learn from them, us so often small-minded, fearful Germans, us keepers of a big peace. I wish we would share our peace with them and learn their depth. That among all the tears, that at the bottom of this well of all these tears is joy. Difficult to explain. But just as we celebrate Christmas. In the darkness came light, and a divine peace among us that no one can take away. Because we are loved. Infinitely loved.
Enjoy that love, friends,
from Africa, your Sven
oh, wie schön Sven. Ja, das ist auch meine Arbeit….Familien entstehen lassen, Menschen, die einander zuhören, füreinander da sind, wieder mehr und mehr ihre Träume zulassen und nach den Sternen greifen….