Ich hatte immer viel zu sagen, viel viel viel zu sagen. Klares Zeichen der Unreife. Dieser Lärm des Redens, dieser Druck der ständigen Meinung. Was für eine Hilflosigkeit.
Im Sharehaus wird auch viel geredet, manchmal klingen mir die Ohren davon. Es ist die Aufregung. Das passiert so viel Neues, so viel Schönes, aber auch schon davor, da wurde viel geredet. Manchmal muß der Lärm im Kopf raus, das Herz gelüftet werden, und manchmal ist der Mensch, der redet, auch gar nicht da.
Ich hab das schon öfter gesehen. Nicht nur der Zuhörer kann abschalten und innerlich auf deine Reise gehen, es gibt auch Erzähler, die wie überwachte Geheimagenten ein Tonband voller Nichtigkeiten einschalten.
Worte. Sie bringen Leben oder Tod. Die Zunge. Wie das kleine Ruder an einem großen Schiff. Ist doch was wir reden, das Abbild unseres Innersten. Auch wenn wir Lügen, oder gerade dann.
Worte. Bringen Leben oder Tod. Darüber haben wir neulich meditiert bei unseren offenen Donnerstagsmeditationen. Was für eine Macht wir mit ihnen haben. Und wie wir selbst Menschen beeinflussen, die uns nicht hören, weil die Kraft der Worte schöpferisch ist.
Das fiel mir schon früh im Sharehaus auf, daß wir nie schlecht über andere sprechen dürfen, und nur gut in ihrer Abwesenheit. Denn da ist nichts Schönes im Schlechten, das wir von Anderen behaupten. Nur Zerstörung. Und um so mehr Schönheit ist da in den Worten, die das Gute, das gute Potential eines Menschen beschreiben und wecken, statt den Mangel zu betonen.
Sind Geflüchtete eine Bereicherung oder eine Last. Die angebliche Krise hat das Potential eine Bereicherung zu sein. Je nachdem wir wir darüber reden. Und wie wie wir danach handeln. Und je nach dem wie tief wir uns, fremd wie wir uns oft sind, wirklich zuhören.
Zuhören. Das Zuhören ist der Schlüssel zu einer lang vermissten Tiefe in unserem Leben. Zu einer Empathie, die uns oft fehlt. Mitleid ordnet nur ein, stuft herab. Mitgefühl geht tiefer.
Zuhören ist aktiv. Wie als uns Ibrahim und Baschar von ihrer Flucht aus Syrien, über Ägypten, Libyen und Lampedusa erzählten. Die Beiden waren aufgeregt, oft ihre Erzählung trocken, und nur wenn man mit dem Herzen zuhörte, verstand man das Unglaubliche, den Tod an Bord, die Gefahr für die Familie, die Angst und die mächtige, mächtige Hoffnung nach Frieden, die Menschen durch Landschaften der Verzweiflung treibt.
Die Umarmung des Zuhören. Ich nennen das so, weil das Zuhören etwas sehr aktives ist, Vor ein paar Tagen war ein Film über 40 Jahre Momo im Sharehaus zu sehen. Schon damals als Momo geschrieben wurde, war klar, daß wir an unserer Effektivität unterzugehen drohen. An dem Leistungswachstum, der Entseelung. Heute, lange nach den profitmaximierenden 90ern, sehe ich ein ganze Generation, die zum Glück anders denkt. Bei der Vertrauen das Kapital ist, wie z.B. die http://www.dclass.de Konferenz zeigte.
Nach dem Film sassen über 25 Menschen im Kreis, nur wer die Schildkröte hatte, durfte reden. Nicht mein Ding, dachte ich. Sowas wird schnell zum Befindlichkeitsgau. Stattdessen wurde Dankbarkeit schnell ein Thema. Ein Gedicht von Bernard de Clairvaux, das uns als Schale beschreibt, aus der Gottes Liebe überläuft und wir nie zu wenig haben. Und das Sharehaus.
Mir fiel ein wie unnütz ich Momo damals fand, als junger Mensch, wie ich alles besser wußte, überhaupt viel zu sagen hatte. Und wie Gott mich auf den langen Umweg über Afrika schickte, bei dem ich auf Menschen traf, die alle sehr neugierig waren und unsere Geschichte hören wollten. Die selbst großartige Lebensgeschichten zu erzählen hatten, ohne sich etwas darauf einzubilden. Die echtes Mitgefühl hatten.
In Afrika lernte ich zuhören und mich selbst nicht mehr so ernst zu nehmen. Ich lernte Zuhören als Umarmung, nicht nur als nächtelanges Labern bei Wodka Limes im Kumpelnest. Aus der neuen Umarmung des Zuhören entstand das Sharehaus. Wir waren der Kirchen müde, die anderen erzählen wollten, wie sie leben sollten. Wir wollten produktive Gemeinschaft, in der der voneinander lernen können. Jesus, das wurde schnell klar, war keine neue Krücke, kein wichtiger Zusatz zum Leben, sondern wurde Gebrauchsanweisung fürs Leben, wurde Offenbarung, die man oft in anderen, im Anderen findet, nicht nur in sich selbst.
Zuhören. Der große Kreis ließ nach einer Stunde alle tief bewegt zurück. Der Verlust tiefer, großer Gefühle war ein Thema. In dieser Runde begannen sie wieder. Die Augen leuchteten. Die Wangen waren gerötet, nichts zu Intimes war geteilt worden, aber Vertrauen, Leben, Hoffnung. Die Umarmung des Zuhören.
Um einem Menschen wirklich aufmerksam zuhören zu können, muß man die richtigen Fragen stellen lernen. Nicht clevere, nicht psychologisch geschulte Fragen, sondern Fragen aus einem tiefen Mitgefühl. Und Mitgefühl ist keine lifestyle-Übung. Ohne Mitgefühl ist da erschreckend oft geistige Krankheit. Tod. Das fällt mir immer häufiger auf, daß Menschen, die gestört sind, Depressive, Menschen mit Burn-Out ebenso wie Gewaltverbrecher und Betrüger, nur sehr wenig Empathie haben. Oder gar keine. Auch keine echte Toleranz. Auch so ein großes Wort. Wir meinen oft: Sein lassen und sich seinen Teil denken. Dabei ist Toleranz echtes Interesse am Anderen. Zuhören. Verstehen wollen ohne jede Angst, den eigenen Boden zu verlieren.
Das Mitgefühl beginnt bei den Fragen. Und die Fragen muss ich üben. Manchmal überraschen sie mich auch, meine Fragen. In der göttlichen Umarmung, in der ich bin, sind sie nicht immer von mir. Sie öffnen tiefe Quellen. Menschen offenbaren dann nicht nur, was sie denken, sondern wer sie wirklich sind. Wirklich. Göttliche Wesen. Mit den richtigen Fragen sprechen Menschen nicht nur in Tränen und im Lachen, in Geschichten und Geheimnissen, sie sprechen auch von Dingen, die sie gar nicht wußten, sie sprechen aus dem Göttlichen, das in jedem wohnt.
Ich kann, das begriff ich wieder im großen Schildkrötenkreis des Zuhören, ich kann das aufmerksame Zuhören Gottes, diese göttliche Umarmung des Zuhörens nur weitergeben, indem ich selber zuhöre. Mit einer Umarmung.
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I always had a lot to say, much much much to say. Clear sign of immaturity. The noise of talking, this pressure of the heart. What a helplessness.
At the Sharehaus we also talk a lot, sometimes so much, my the ears are ringing. It’s the excitement. Many new things are happening, many beautiful things. But even before that, there has been much talk. And sometimes the person who speaks, is not there. I’ve seen it often. Not only the listener can talk and shut of on the inside, also the talker can switch on a tape like a bugged secret agent.
Words. They bring life or death. The tongue. Like the small rudder on a large ship. Our worlds reveal our heart. Even if we lie, or even more so. Words. Breathe of life or death. We meditated on that at our open Thursday meditations. What power we have with words. And how we even affect people far away, because the power of words is creative.
That struck me early in Sharehaus, that we must never speak badly of others, and only good in their absence. For there is nothing beautiful in the bad, we say about others. Only destruction. And all the more beauty is there in the words that describe the good, the potential of people and awaken it, instead of emphasizing what lacks.
Are refugees an blessing or a burden? The so called crisis has the potential to be enriching. Depending on how we we talk about it. And how we act accordingly. And depending on how deep we, foreign as we often are for one another, really listen.
Listening. Listening is the key to a long-lost deepth in our lives. To empathy, which often lack. Pity only downgrades. Real sympathy goes deeper.
Listening is something active like when we listened to Ibrahim and Bashar when they told of their escape from Syria, Egypt, Libya and Lampedusa. The two were excited, no great storytellers, only if you listened to the heart you grasped the unbelievable, the death on board the boats, the dangers to the family, the fear and the mighty, mighty hope for peace that drives people through landscapes the desperation.
The embrace of listening. A few days ago a film, 40 years Momo, was shown in Sharehaus. Back then when Momo, was written, it was clear that that our effectiveness ist our curse. Today, long after the profit maximizing 90ies, I see a whole generation that thinks differently. Where trust is the capital, as the http://www.dclass.de conference showed.
After the movie about 25 people sat in a circle, only those who had the turtle could talk. Not my thing, I thought. Something like that can quickly become a Befindlichkeitsgau (a melt down of confused issues). Instead, gratitude was a topic. A poem by Bernard de Clairvaux, which describes us as a cup from which God’s love is able to overflow. And the Sharehaus. I remembered how useless I found Momo back then, as a young man. I knew everything better, and had much to say. Then God sent me on the long detour via Africa, where I met people who were very curious and wanted to hear our story. They had great stories of life themselves, without showing off. They have real compassion, they listen deeply.
In Africa, I learned to listen and not to take myself too seriously. I learned listening is an embrace, not a nightlong jabberind drinking vodka limes at Kumpelnest. From the new embrace of listening the Sharehaus was built. We were tired of Churches, that wanted to tell others how they should live. We wanted a productive community in which the can learn from each other. Jesus, we quickly realized, was not a new crutch or philosophy, no important addition, he is a manual to life and a revelation. A divine revelation that one often finds in others. In the other, not only in oneself.
Listening. The large sharing circle with the turtle lasted an hour. The loss deep, great emotions was a topic. In this round, they started again. The eyes were shining. The cheeks were flushed, nothing too intimate had been shared, but trust, life, hope. The embrace of truly listening.
To really listen, you ave to pay attention, and you have to learn to ask the right questions. Not smart, not psychologically savvy questions, but questions coming from a deep compassion. And compassion is not a lifestyle exercise. Without compassion there is mental illness. Death. This always strikes me how often people who are disturbed, depressed, people with burnout as well as violent criminals and fraudsters, how little empathy they have. Or none at all. Also no real tolerance. Another big word. We often think: let them be and I’ll think my part. True tolerance is genuine interest in others. Listening. Wanting to understand without any fear of losing your own ground.
Compassion begins with the right questions. Questions I need to practice. Sometimes they surprise me too, my questions. In the divine embrace, in which I am, they’re not always coming from me. They open deep wells. People then reveal not only what they think, but who they really are. Divine beings. With the right questions people speak not only in tears and laughter, in stories and secrets, they also speak of things they did not know, they speak from the Divine that dwells in every one.
II realized in the big circle of turtle-listening, that I can reply to this divine embrace of by truly listening. With an embrace.